Gesundheit im Klimawandel
NACHLESE zum Fachdialog – Auszüge: Klimawandel und Gesundheit
Veranstaltung von: Umwelt Management Austria (am 12.11.2019) im novum Wien Hauptbahnhof,Karl-Popper-Straße 16, 1100 Wien
Prof. Dr. Reinhold Christian, Vorsitzender von Umwelt Management Austria | Dr. Heinz Fuchsig, Umweltreferent der Österreichischen Ärztekammer:
An Hand einiger Beispiele informierte er über bereits vorhandene Effekte der Klimaerwärmung. Als Alltagsradfahrer ist man eventuell froh, wenn im Winter weniger Schnee liegt (Es wird vermehrt zu Regen kommen.). Man kann auf Grund einer geringeren Anzahl von Heizgradtagen nun nicht nur effizientere , aber besonders diese Gebäude auch mit der Wärmepumpe heizen und kühlen. Auf Grund des Klimawandels kann man in Tirol zwischen November und Februar immer häufiger auf der Alm im T-Shirt sitzen. Mit steigender Temperatur nimmt die Arbeitsleistung ab. Es gibt mittlerweile auch das Problem Hitze auf den Baustellen. Die Arbeit muss dort deshalb früher beginnen. Rübenbauern machen darauf aufmerksam, dass man Rüben nicht mehr aus dem trockenen Boden bekommt.
Univ. Prof. Dr. Franz Allerberger, AGES, Geschäftsfeld Öffentliche Gesundheit:
Man geht davon aus, dass viele Infektionskrankheiten zunehmen werden. Aber im Zeitraum 2010-2016 konnten Salmonellen-Krankheiten – trotz ihrer Präferenz für wärmere Zeiten – reduziert werden, weil man z.B. für größere Geflügelbestände Impfungen verpflichtend machte. Klimawandel per se muss also nicht automatisch zu mehr Krankheiten führen. Man muss gegen die Gefahren aktiv werden!
Derzeit gibt es eine erhöhte Aktivität von Zecken auf Grund der Temperaturen. In den letzten 50 Jahren ist die jährliche Anzahl von Tagen >7°C um 30 Tage angestiegen. Mit Zunahme von Eichen und Buchen (anstelle von Fichten und anderen flachwurzelnden Nadelbäumen) steigt das Nahrungsangebot für Kleinnager. Mehr Kleinnager bedeuten mehr Zecken, weshalb zeckenübertragene Krankheiten, wie z.B. die Borreliose, unweigerlich zunehmen werden.
Ambrosia (auch Ragweed oder Traubenkraut genannt) ist eine einjährige, krautige Pflanze und wird bis 150 bis 180 cm hoch. Die Pollen der Ambrosia führen bei empfindlichen Menschen zu heftigen allergischen Reaktionen wie Brennen, Niesen und Atembeschwerden.) gab es früher nicht in Österreich. Es gibt bei uns 8.000 betroffene Personen. Dies stellt aber einen Bruchteil der Personen mit Katzenhaarallergie etc. dar. Als Folge der prognostizierten Klimaerwärmung wird sich vermutlich das potenzielle Ambrosia-Areal vergrößern und es ist mit einer verstärkten Ausbreitung der Art in andere Teile Österreichs zu rechnen.
Oberrat Priv.-Doz. Dr. Hanns Michael Moshammer, Medizinische Universität Wien, Leiter Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin:
Er informierte darüber, dass es im Wesentlichen 3 Arten der Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit gibt
1. direkt – unmittelbare Schäden durch Extrem-Wetter (Hitze, Kälte, Hagel, Flut, Dürre, Sturm)
potentielle akute physische Gesundheitsauswirkungen sind (mit Ausnahme der Hitzefolgen) vergleichsweise gering:
Ø Ertrinken, erschlagen werden (Bsp. Baum)
Ø Verletzungen durch schwimmende oder herumfliegende Trümmerteile, Feuer und Stromschläge
Ø Vergiftungen und Infektionen durch Wasserknappheit und Kontaminationen
2. indirekt – Klimaänderung ändert unsere Umwelt (Krankheitsvektoren (z.B. tropische Stechmücken), allergene Pflanzen und Tiere, tropische Schimmelpilze, Algenblüten, Luftschadstoffe, Wasser- und Lebensmittelversorgung, Schutzfunktionen der Wälder, …) Hier ist mit wesentlich größerem Schadensausmaß zu rechnen.
3. Fernwirkung – Schäden in anderen Kontinenten (Hungersnöte, große unbewohnbare Landstriche, Kriege, Flüchtlinge, Handelsbeziehungen, …) – hier sind auch wir in Österreich und insbesondere die Beschäftigten im Gesundheitssystem gefordert, sei es mit Hilfe vor Ort, sei es bei der Betreuung von Migranten. Längerfristige Abschätzungen der Betroffenheit in Österreich sind jedoch unmöglich, da Entscheidungen der globalen Politik nicht vorhersehbar sind.
Es gibt Hinweise, dass mit dem Klimawandel Extremereignisse zu nehmen werden. Dies betrifft sowohl heiße als auch kalte Tage. Dies erschwert die Anpassung. Hitzewellen sind gegenwärtig und auch in Zukunft das größte Problem und werden die meisten Todesfälle hervorrufen. Schon ab relativ angenehmen Temperaturen sieht man Auswirkungen auf die Anzahl der Todesfälle. Die Frage ist, ab wann man Warnungen samt Aufforderung zur Setzung von Maßnahmen herausgibt. Es gibt zunehmend das Problem mit chronisch kranken Personen, welche durch steigende Temperaturen gesundheitliche Schwierigkeiten bekommen. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko der Sterblichkeit bei hohen Temperaturen.
Moshammer meinte, dass es viele Probleme gibt mit denen wir zu tun haben, aber man kann überall etwas tun. Mit der Umstellung der Ernährung zu weniger Fleischkonsum und mehr Obst- und Gemüsekonsum könnte das Risiko eines frühzeitigen Todes durch ernährungsbedingte Erkrankungen und gleichzeitig die Treibhausgas-Emissionen oder Kosten im Gesundheitssystem reduziert werden. Es ist gut für das Klima, gut für die Umwelt, gut für die Gesundheit. Geringerer Fleischkonsum ließe sich auch mit weniger intensiver Tierhaltung verbinden, was den Wert und die Qualität der tierischen Produkte erhöhen könnte und auch gut fürs Tierwohl wäre.
Moshammer meinte, dass die Anpassung an den Klimawandel auf verschiedenen Ebenen erfolgen kann z.B. auf physiologischer Ebene, über das Verhalten (Kleidung, Ernährung). Es gibt kulturelle Anpassungen (andere Tagesabläufe), konstruktive Anpassungen (z.B. der Häuser, dies dauert allerdings sehr lange). Änderungen in der Genetik wird man nicht so schnell feststellen können. Hitzetode würden auch eine Art Selektion darstellen. Wechselwarme Tiere wie etwa Lurche oder Insekten müssen die Funktion ihres Stoffwechsels bei unterschiedlichen Temperaturen aufrechterhalten. Daher verfügen sie über mehrere Sets von Enzymsystemen, die sie mittels epigenetischer Mechanismen temperaturabhängig an- oder abschalten. Warmblütler ersparen sich das. Methylierungsprozesse und andere epigenetische Mechanismen treten allenfalls im Zuge von Zellstress bei Hitze und Kälte auf, Zu längerfristigen und insbesondere zu transgenerationellen epigenetischen Folgen ist allerdings nichts bekannt. Diese sind aber wohl auch nicht sehr relevant, da von Temperaturstress ja in erster Linie Haut und Schleimhäute betroffen sind und weniger die Keimzellen.
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